Diese spezielle Therapie zur Zahnerhaltung hat in den vergangenen Jahren entscheidende Fortschritte erlebt, was unter anderem der Einführung des Operationsmikroskops zu verdanken ist. Sie ist dann vonnöten, wenn der Zahnnerv, meistens durch den Einfluss von Bakterien, zerstört wurde.
Unser Verständnis vom Zahninneren, dem Endodont, hat sich grundlegend gewandelt, seit man in der Lage ist, Strukturen im Zahn zu behandeln, weil sie mit optischen Hilfsmitteln überhaupt erst zu erkennen sind. Ganz nach dem in der Zahnheilkunde geltenden Grundsatz, dass man nur behandeln kann was man sieht, hat sich damit die Erfolgsquote der so therapierten Zähne beträchtlich verbessert.
Ein nach den Regeln der modernen Zahnheilkunde wurzelbehandelter Zahn kann durch keinen, wie auch immer gearteten Ersatz, inklusive Implantat, getopt werden.
Bekannterweise besteht ein Zahn aus einer oder mehrerer Wurzeln und der Krone. In der Wurzel und Krone befindet sich ein Hohlraumsystem, das von dem sog. Zahnnerv ausgefüllt wird. Diese Bezeichnung ist volkstümlich, aber nicht sehr exakt. Zu dem Nervengewebe in eben diesem Raum gehören auch Arterie, Vene und Lymphe.
Schmerzhaft bemerkbar macht sich dieses Gewebe bei wie auch immer gearteter Schädigung durch das Nervengewebe. Die Schädigung kann durch Bruch von Kronenteilen, durch Karies oder durch Maßnahmen des Zahnarztes bei der Kariesentfernung oder dem Präparieren (Beschleifen) von Zähnen provoziert werden. Kann das Gewebe nicht am Leben erhalten werden, muss es entfernt werden. Vor der Planung einer endodontischen (Wurzel-) Behandlung muss der Behandler entscheiden, ob die Erfolgsaussicht den Aufwand rechtfertigt.
Bei der Entscheidung für den Zahn erfolgt dann die Wurzelbehandlung. Wenn der Nerv noch funktioniert, muss zuerst eine Anästhesie erfolgen. Die Wurzelkanalzugänge am Boden der Krone werden dargestellt und erweitert. Optische Hilfsmittel wie starke Lichtlupe, in einigen Fällen auch ein OP-Mikroskop sind für einen Erfolg äußerst wichtig. Unabdingbar ist ein so genannter Kofferdam. Das ist eine Art Gummituch, das nach gezielter Perforierung um den betroffenen Zahn gelegt und aufgespannt wird. Dieses wertvolle Hilfsmittel verhindert in der einen Richtung den Zutritt von Mundflüssigkeit in den Zahn und den Austritt von Sekret und Spülflüssigkeit aus dem Zahn in die Mundhöhle. Ohne einen solchen Kofferdam, dessen Ausführung nur in sehr seltenen Fällen nicht gelingt, ist eine ordentliche Wurzelbehandlung nicht möglich.
Die Wurzelkanäle werden mit geeigneten Instrumenten konisch aufbereitet. Dabei wird aufwendig und umfangreich mit verschiedenen geeigneten Lösungen über sehr feine Kanülen gespült. Die Aufgabe ist, die vorhandenen Bakterien und das organische Pulpagewebe auf diese Weise zu entfernen. Das Ziel ist ein konischer, glattwandiger, bakterienarmer und trockener Kanal. Nun kann dieser Kanal mit Wurzelfüllmaterial bakteriendicht aufgefüllt werden. Das bedeutet, dass die wenigen verbliebenen Bakterien keinen Platz zur Vermehrung finden, denn, so klein sie auch sind, beanspruchen sie Raum. Bei Bedarf kann die Statik des Zahns durch Wurzelstifte verbessert werden.
Eine so richtig durchgeführte Wurzelbehandlung ist anspruchsvoll und aufwendig. Bei auf diesem Gebiet (Endodontie) fortgebildeten Zahnärzten oder Zahnärztinnen und natürlich auch bei ausgewiesenen Spezialisten oder Spezialistinnen sind die Erfolgsaussichten entsprechend höher. Nicht alle nach dem heutigen Stand der Wissenschaft notwendigen Maßnahmen sind durch die gesetzlichen Kassen finanziell abgedeckt. Diese Leistungen kann der Behandler nur privat im Direktverhältnis mit dem Patienten liquidieren. Zusätzlich gibt es weitere Ausschlusskriterien der gesetzlichen Kassen für die gesamte Wurzelbehandlung. Unter anderem zählen dazu stark gekrümmte Kanäle, die Revision schon erfolgter Wurzelbehandlungen und Knochenentzündungen um die Wurzelspitze. In diesen Fällen wird die gesamte Wurzelbehandlung zur Privatleistung. Ob der finanzielle Aufwand dem Nutzen gerecht wird, entscheidet der Patient. Leicht fällt die Entscheidung, wenn die entstandene Lücke nicht stört. Soll sie jedoch geschlossen werden, ist ein eigener Zahn mit Wurzelfüllung ganz bestimmt wertvoller und finanziell weniger aufwendig als ein Implantat oder eine Brücke.
In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf den hier angebotenen Beitrag zur Wurzelspitzenresektion.
Der Längsriss einer Zahnwurzel kommt nicht oft vor, ist aber dennoch nicht außerordentlich selten. In der Regel tritt dieser unangenehme Zwischenfall bei pulpatoten Zähnen auf. Aber auch bei vitalen Zähnen ist ein solcher Längsriss möglich. Für einen Zahn, der nach den Regeln moderner Endodontologie Substanz schonend behandelt wurde, wird ein Wurzellängsriss unwahrscheinlicher. Ganz ausschließen kann man ihn in diesem Fall aber trotzdem nicht.
Entscheidend für die Praxis ist jedoch weniger die Genese als vielmehr die Diagnose eines Längsrisses.In der Regel äußert der Patient an dem betroffenen Zahn Beschwerden. Der röntgenologische Befund einer Ostitis präsentiert sich nicht immer. Den Längsriss selbst kann man normalerweise im Röntgenbild nicht erkennen. Mit Hilfe eines Fullflaps nachzuschauen verbietet sich und wäre nur bei sagittalem Verlauf des Risses hilfreich.Wie also diagnostizieren?
Die Lösung dieses Problems liegt in der Tatsache, dass Bakterien in diesen Riss eindringen und den Knochen im Verlauf des Risses auflösen.Die über das normale Sondieren hinausgehende Methode des Soundings kann uns hier helfen. Zur Erinnerung: Bei dieser Methode wird mit einer spitzen kalibrierten Sonde (eine Parosonde anspitzen) das epetheliale Attachement durchstoßen und so der Knochenverlauf um den Zahnhals gemessen. Dieses Procedere führt man rund um den Zahn in Abständen von 1 bis 2 mm durch.Das für einen Längsriss typische Soundingprotokoll sähe dann so oder so ähnlich aus: „ 2mm, 2mmm, 3 mm, 11 mm, 2mm, 2 mm usw. Nach einem solchen Protokoll gilt dann ein Längsriss als gesichert.
Der Zahn ist verloren und sollte zeitnah extrahiert werden.